Viele Käufer aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz gehen beim Immobilienkauf in Portugal zunächst von einem vertrauten Ablauf aus: Der Notar übernimmt die rechtliche Prüfung der Immobilie und stellt sicher, dass alles korrekt registriert ist. Diese Annahme ist verständlich, trifft aber nicht zu.
In Portugal hat der Notar eine deutlich eingeschränktere Rolle. Er beurkundet den Kaufvertrag, prüft die Identität der Beteiligten und bestätigt, dass die erforderlichen Unterlagen formal vorliegen. Eine rechtliche Prüfung der Immobilie gehört jedoch ausdrücklich nicht zu seinem Aufgabenbereich.
Damit verschiebt sich die Verantwortung: Die rechtliche Kontrolle der Immobilie, die Überprüfung der Eigentumsverhältnisse und das Erkennen von Risiken übernimmt in Portugal der Anwalt ("Advogado"). Für Käufer ist das einer der wichtigsten Unterschiede im gesamten Prozess.
Was der Notar in Portugal tatsächlich macht
Der Notar ist dafür zuständig, den Kaufvertrag zu beurkunden und den rechtlichen Rahmen der Unterzeichnung sicherzustellen. Er kontrolliert:
Damit endet seine Verantwortung nahezu vollständig bei der formalen Abwicklung. Der Notar übernimmt keine eigene inhaltliche Kontrolle der Immobilie und prüft nicht, ob diese schuldenfrei, legal oder vollständig registriert ist. Er verlässt sich auf die Dokumente, die ihm übergeben werden. Ob diese korrekt oder aktuell sind, ist nicht Gegenstand seiner Tätigkeit.
Was der Anwalt übernimmt
Der Anwalt vertritt ausschließlich die Interessen des Käufers oder des Verkäufers. Er analysiert die Immobilie, die Dokumente und den gesamten Transaktionsprozess wesentlich umfassender. Seine Aufgabe ähnelt daher eher einer "Due Diligence", wie man sie aus anderen Ländern kennt. Er stellt sicher, dass der Käufer ein rechtlich sauberes Objekt erwirbt, ohne versteckte Risiken, ohne offene Belastungen und ohne fehlende Genehmigungen.
Eigentumsverhältnisse und rechtliche Struktur der Immobilie
Ein zentraler Schritt ist die Überprüfung, ob der Verkäufer tatsächlich zum Verkauf berechtigt ist. Der Anwalt klärt unter anderem:
In Portugal können unterschiedliche Behörden jeweils eigene Register führen, was gelegentlich zu Abweichungen führt. Genau diese Unstimmigkeiten bergen Risiken, insbesondere für ausländische Käufer, die mit dem System nicht vertraut sind.
Schulden, Hypotheken und Belastungen
Der Anwalt prüft, ob auf dem Objekt:
liegen. Auch wenn viele Arten von Schulden in Portugal nicht automatisch auf den Käufer übergehen, können sie die Eigentumsübertragung blockieren oder verzögern. Unbezahlte kommunale Rechnungen, offene Energieverträge oder ausstehende Gebühren können vor der Escritura geklärt werden müssen.
Baurechtliche Legalität: Genehmigungen und registrierte Flächen
Ein wichtiger und oftmals unterschätzter Punkt ist die Überprüfung der baurechtlichen Legalität. Der Anwalt kontrolliert beim Rathaus je nach Erforderlichkeit:
Gerade an der Algarve existieren viele Häuser mit kleineren oder größeren Abweichungen. Manche sind unproblematisch, andere können die Finanzierung oder spätere Legalisation deutlich erschweren. Banken prüfen diese Punkte ebenfalls streng und eine fehlende Nutzungsgenehmigung kann dazu führen, dass keine Hypothek gewährt wird.
Vertragsprüfung und Vertragsgestaltung
Der CPCV (Vorvertrag) ist in Portugal besonders wichtig, da dort Anzahlung, Vertragsstrafen, Rücktrittsrechte und Fristen festgelegt werden. Fehler oder unklare Klauseln können schnell teuer werden.
Der Anwalt:
Gerade Käufer ohne Ortskenntnis profitieren von diesen Schritten, da sie in der Regel nicht mit dem portugiesischen Vertragsrecht vertraut sind.
Unterstützung nach dem Kauf
Viele Anwälte übernehmen gegen Gebühr zusätzlich Aufgaben, die für Käufer ohne portugiesische Wohnadresse wichtig sind, darunter: Ummeldung von Wasser, Strom und Gas oder beispielsweise die Unterstützung bei Versicherungen und Steuerthemen oder auch die Beantragung der Lizenz für die Kurzzeitvermietung (AL-Lizenz).
Das ist für ausländische Käufer häufig eine erhebliche Erleichterung, da viele Prozesse noch immer persönlich oder schriftlich abgewickelt werden.
Ist ein Anwalt verpflichtend?
Nein. Es gibt keine gesetzliche Pflicht. Praktisch ist seine Einschaltung jedoch dringend zu empfehlen, da sonst niemand die Immobilie inhaltlich prüft.
Reicht der Notar nicht aus?
Nein. Der Notar führt keine Due Diligence durch, sondern bestätigt lediglich die Formalitäten.
Wer haftet bei Fehlern?
Der Anwalt haftet für seine rechtliche Beratung. Der Notar hat nur eine begrenzte Haftung im Rahmen seiner formalen Aufgaben, nicht für fehlende Prüfungen.
Kann man den Anwalt des Verkäufers nutzen?
Davon ist abzuraten. Es könnten Interessenkonflikte entstehen.
Was kostet ein Anwalt?
Je nach Umfang üblicherweise 1 - 1,5 % des Kaufpreises oder eine feste Pauschale. Die Kosten stehen meist in einem sinnvollen Verhältnis zur Risikominimierung.
Fazit
Der Anwalt übernimmt beim Immobilienkauf in Portugal eine zentrale Rolle. Während der Notar lediglich die formale Beurkundung sicherstellt, kontrolliert der Anwalt die rechtliche und baurechtliche Situation der Immobilie inhaltlich. Diese Prüfung schützt Käufer vor finanziellen und rechtlichen Risiken und schafft Transparenz in einem System, das sich deutlich vom deutschsprachigen Raum unterscheidet.