Was prüft ein Anwalt beim Immobilienkauf in Portugal? Und warum Käufer sich nicht auf den Notar verlassen sollten.

Was prüft ein Anwalt beim Immobilienkauf in Portugal? Und warum Käufer sich nicht auf den Notar verlassen sollten.

Viele Käufer aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz gehen beim Immobilienkauf in Portugal zunächst von einem vertrauten Ablauf aus: Der Notar übernimmt die rechtliche Prüfung der Immobilie und stellt sicher, dass alles korrekt registriert ist. Diese Annahme ist verständlich, trifft aber nicht zu.

 

In Portugal hat der Notar eine deutlich eingeschränktere Rolle. Er beurkundet den Kaufvertrag, prüft die Identität der Beteiligten und bestätigt, dass die erforderlichen Unterlagen formal vorliegen. Eine rechtliche Prüfung der Immobilie gehört jedoch ausdrücklich nicht zu seinem Aufgabenbereich.

 

Damit verschiebt sich die Verantwortung: Die rechtliche Kontrolle der Immobilie, die Überprüfung der Eigentumsverhältnisse und das Erkennen von Risiken übernimmt in Portugal der Anwalt ("Advogado"). Für Käufer ist das einer der wichtigsten Unterschiede im gesamten Prozess.

 

1. Notar vs. Anwalt – der grundlegende Systemunterschied

 

Was der Notar in Portugal tatsächlich macht

Der Notar ist dafür zuständig, den Kaufvertrag zu beurkunden und den rechtlichen Rahmen der Unterzeichnung sicherzustellen. Er kontrolliert:

  • die Identität von Käufer und Verkäufer
  • ob die gesetzlich erforderlichen Mindestdokumente vorgelegt wurden
  • ob der Vertrag formal korrekt erstellt wurde

Damit endet seine Verantwortung nahezu vollständig bei der formalen Abwicklung. Der Notar übernimmt keine eigene inhaltliche Kontrolle der Immobilie und prüft nicht, ob diese schuldenfrei, legal oder vollständig registriert ist. Er verlässt sich auf die Dokumente, die ihm übergeben werden. Ob diese korrekt oder aktuell sind, ist nicht Gegenstand seiner Tätigkeit.

 

Was der Anwalt übernimmt

Der Anwalt vertritt ausschließlich die Interessen des Käufers oder des Verkäufers. Er analysiert die Immobilie, die Dokumente und den gesamten Transaktionsprozess wesentlich umfassender. Seine Aufgabe ähnelt daher eher einer "Due Diligence", wie man sie aus anderen Ländern kennt. Er stellt sicher, dass der Käufer ein rechtlich sauberes Objekt erwirbt, ohne versteckte Risiken, ohne offene Belastungen und ohne fehlende Genehmigungen.

 

2. Was prüft der Anwalt beim Immobilienkauf konkret?

 

Eigentumsverhältnisse und rechtliche Struktur der Immobilie

Ein zentraler Schritt ist die Überprüfung, ob der Verkäufer tatsächlich zum Verkauf berechtigt ist. Der Anwalt klärt unter anderem:

  • wem die Immobilie laut Grundbuch gehört
  • ob es mehrere Eigentümer gibt
  • ob Erben oder weitere Familienmitglieder zustimmen müssen
  • ob alle Register (Finanzamt, Grundbuch, Kataster) konsistent sind
  • ob die rechtliche Struktur des Objekts korrekt dokumentiert ist

In Portugal können unterschiedliche Behörden jeweils eigene Register führen, was gelegentlich zu Abweichungen führt. Genau diese Unstimmigkeiten bergen Risiken, insbesondere für ausländische Käufer, die mit dem System nicht vertraut sind.

 

Schulden, Hypotheken und Belastungen

Der Anwalt prüft, ob auf dem Objekt:

  • Hypotheken
  • Pfandrechte
  • Sicherungsübereignungen
  • Steuerrückstände (z. B. IMI)
  • ausstehende kommunale Abgaben

liegen. Auch wenn viele Arten von Schulden in Portugal nicht automatisch auf den Käufer übergehen, können sie die Eigentumsübertragung blockieren oder verzögern. Unbezahlte kommunale Rechnungen, offene Energieverträge oder ausstehende Gebühren können vor der Escritura geklärt werden müssen.

 

Baurechtliche Legalität: Genehmigungen und registrierte Flächen

Ein wichtiger und oftmals unterschätzter Punkt ist die Überprüfung der baurechtlichen Legalität. Der Anwalt kontrolliert beim Rathaus je nach Erforderlichkeit:

  • Baugenehmigung (Licença de Construção)
  • Nutzungsgenehmigung (Licença de Utilização)
  • registrierte Flächen, Pläne und eingetragene Wohnfläche
  • Status von Erweiterungen wie Pool, Garage oder Anbauten

Gerade an der Algarve existieren viele Häuser mit kleineren oder größeren Abweichungen. Manche sind unproblematisch, andere können die Finanzierung oder spätere Legalisation deutlich erschweren. Banken prüfen diese Punkte ebenfalls streng und eine fehlende Nutzungsgenehmigung kann dazu führen, dass keine Hypothek gewährt wird.

 

Vertragsprüfung und Vertragsgestaltung

Der CPCV (Vorvertrag) ist in Portugal besonders wichtig, da dort Anzahlung, Vertragsstrafen, Rücktrittsrechte und Fristen festgelegt werden. Fehler oder unklare Klauseln können schnell teuer werden.

 

Der Anwalt:

  • erstellt oder prüft den CPCV
  • setzt Bedingungen, die den Käufer schützen
  • regelt sichere Zahlungsmodalitäten und verfügt über ein Anderkonto
  • bereitet den Kaufvertrag vor
  • koordiniert alle beteiligten Parteien

Gerade Käufer ohne Ortskenntnis profitieren von diesen Schritten, da sie in der Regel nicht mit dem portugiesischen Vertragsrecht vertraut sind.

 

Unterstützung nach dem Kauf

Viele Anwälte übernehmen gegen Gebühr zusätzlich Aufgaben, die für Käufer ohne portugiesische Wohnadresse wichtig sind, darunter: Ummeldung von Wasser, Strom und Gas oder beispielsweise die Unterstützung bei Versicherungen und Steuerthemen oder auch die Beantragung der Lizenz für die Kurzzeitvermietung (AL-Lizenz).

Das ist für ausländische Käufer häufig eine erhebliche Erleichterung, da viele Prozesse noch immer persönlich oder schriftlich abgewickelt werden.

 

3. FAQ – Häufige Fragen zum Anwalt und Notar in Portugal

 

Ist ein Anwalt verpflichtend?
Nein. Es gibt keine gesetzliche Pflicht. Praktisch ist seine Einschaltung jedoch dringend zu empfehlen, da sonst niemand die Immobilie inhaltlich prüft.

 

Reicht der Notar nicht aus?
Nein. Der Notar führt keine Due Diligence durch, sondern bestätigt lediglich die Formalitäten.

 

Wer haftet bei Fehlern?
Der Anwalt haftet für seine rechtliche Beratung. Der Notar hat nur eine begrenzte Haftung im Rahmen seiner formalen Aufgaben, nicht für fehlende Prüfungen.

 

Kann man den Anwalt des Verkäufers nutzen?
Davon ist abzuraten. Es könnten Interessenkonflikte entstehen.

 

Was kostet ein Anwalt?
Je nach Umfang üblicherweise 1 - 1,5 % des Kaufpreises oder eine feste Pauschale. Die Kosten stehen meist in einem sinnvollen Verhältnis zur Risikominimierung.

 

Fazit

 

Der Anwalt übernimmt beim Immobilienkauf in Portugal eine zentrale Rolle. Während der Notar lediglich die formale Beurkundung sicherstellt, kontrolliert der Anwalt die rechtliche und baurechtliche Situation der Immobilie inhaltlich. Diese Prüfung schützt Käufer vor finanziellen und rechtlichen Risiken und schafft Transparenz in einem System, das sich deutlich vom deutschsprachigen Raum unterscheidet.